3. Platz - Kuckert Architekten Münster
in Zusammenarbeit mit Landschaftsarchitekt: morbach.wermeyer.Landschaftsarchitekten Part gmbB, Sassenberg
Erläuterungsbericht
Hochbaulicher und Freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb „RathausQuartier“
A) ANALYSE - STADTPLANERISCHE UND FREIRAUMPLANERISCHE LEITIDEEN
Das Planungsgebiet zum neuen Rathausquartier ist geprägt durch eine solitäre Bebauung von denkmalgeschützten Gebäuden, seinem hochwertigen Baumbestand, der Strandpromenade mit Grünzug zur Ostseeallee und zu dem hinter der Parzelle liegenden Stadtwald. Der Entwurf nimmt diese städtebaulichen und freiraumplanerischen relevanten Themen auf, komplettiert die stadträumliche Situation mit seinen selbstverständlich gesetzten Baukörpern und erzeugt somit die gewünschte Quartiersbildung. Durch die sanfte Anhebung des Quartiersplatzes werden alle relevanten Schwierigkeiten der Erschließung gelöst und die Eingänge eindeutig gekennzeichnet. Die Blickbeziehungen zwischen den Grünzügen werden gestärkt und der ruhende Verkehr aus dem Blick genommen. Das neu entstehende Ensemble zwischen Bestand und Neubau erzeugt qualitätsvolle Außenräume zum Ankommen und Verweilen und wird zu einem Ort der Gemeinschaft und Begegnung. Fortführen und Weiterentwickeln sind die Parameter der stadtplanerischen und freiraumplanerischen Leitideen.
Bildergalerie:
B) DIE ARCHITEKTUR ALS ZEITLOSES ELEMENT
Der Verfasser schlägt eine ruhige, zurückhaltende wenngleich auch selbstbewusste, dem Grundstück angemessene Architektur vor. Es verbindet Alt und Neu und lässt eine zukünftige eigene Identifikation entstehen. Die gesamte Architektur basiert auf Zeitlosigkeit, der Wirkung der einfachen Mittel und bringt somit die bürgerlichen Ideale an diesem Ort zum Ausdruck.
C) RAUMPROGRAMM . ORGANISATION . NUTZUNG
Das Raumprogramm wird voll umfänglich erfüllt. Die notwendigen Abwägungen zum Eingriff und Erhalt der denkmalwürdigen Bestandsbauten wurden auf ein Minimum begrenzt und erlauben dennoch die Gebäude in der Zukunft angemessen zu nutzen. Die Zugänge zu den jeweiligen Nutzungen erklären sich durch den landschaftsplanerischen eindeutig geführten und barrierefreien Zugang zu den klar ablesbaren Eingängen.
Das Bestandsrathaus erhält seinen zweiten notwendigen Rettungsweg im Inneren, direkt zum neuen Eingang gelegen, inklusive der erforderlichen barrierefreien Erschließung. Die Fassade wird auf ein Minimum beansprucht und erhält gleichwohl den neuen und eindeutigen Eingang zum Rathaus. Die Freitreppe wird angemessen aufgearbeitet und gehört nun eindeutig zu dem davorliegenden Hochzeitsgarten. Im Inneren wird die Struktur des Gebäudes beibehalten, wo notwendig, behutsam weiterentwickelt und immer dergestalt, dass die Grundstruktur ablesbar bleibt, aber alle Notwendigkeiten erfüllt sind. Durch die Anhebung des Quartiersplatzes wird die Möglichkeit geschaffen einen witterungsgeschützen und barrierefreien Behördengang zum neuen Verwaltungsbau herzustellen. Der neue Verwaltungsbau ist klar und logisch strukturiert, nachhaltig und von angemessener Qualität und bildet das Bindeglied der Verwaltung zum neuen Rathausquartier.
Das Haus Rolle erhält ebenfalls einen neuen Eingang im Bindeglied zum daran anschließenden Neubau, welcher die Bibliothek, weitere gewünschte Funktionen und vor allem den Ratssaal aufnimmt. Alle Funktionen sind auch hier barrierefrei miteinander verbunden und die Bibliothek mit ihrem zum Rathausplatz angeordnetem Lesebereich führt zu einer gewünschten Belebung des Rathausquartier und wird somit zum qualitätsvollem Begegnungsort. Der Rathaussaal ist durch die Lage und Ausformung in der Geometrie angemessen und gleichzeitig repräsentativ letztendlich richtig im Quartier verortet.
Die unter den Neubauten gelegene Tiefgarage kommt mit einem Minimum an Erdarbeiten aus, ist natürlich belüftet und führt durch gleichen Gründungshorizont zu den Bestandsgebäuden zu keinen geologischen Problemen. Gleichwohl werden über die Parkgarage die Gebäude technisch miteinander verbunden, welches zu guten Synergien führt. Die im hinteren Bereich gelegen Parkplätze sind von der Ostseeallee nicht zu sehen und der Blick wird zum Stadtwald gelenkt. Die Neubauten sind von der Ostseeallee im Anschnitt zu erkennen und komplettieren das neue Quartier.
D) GESTALTUNG . KONSTRUKTION . MATERIALITÄT . TECHNIK
Der Entwurf schlägt eine zurückhaltende, wenngleich auch selbstbewusste, dem Stadtraum angemessene Architektur vor. Das neue Rathausquartier ist klar, logisch und eigenständig entwickelt. Es bietet spannungsvolle, differenzierte Raumabfolgen und interessante Bezüge zwischen Innen- und Außenräumen, welche dem Denkmalschutz größtmöglich gerecht werden.
Die Neubauten ruhen auf der massiven Konstruktion der Garage. Die Bauten selbst sind in Holzhybridbauweise, hochgedämmt und mittels einer robusten, langlebigen Ziegelvorhangfassade bekleidet, ausgeführt. Die Gestaltung der Häuser nimmt eine ordnende Wirkung ein und erzeugt in Verbindung zu den Bestandbauten den gewünschten Quartiersgedanken. Indes ist die städtebauliche Parzellenstruktur weiterhin gut ablesbar.
Um aus technischer Sicht die Erstellungs- und Betriebskosten niedrig zu halten, wird ein „Low-Tech Konzept“ angestrebt, das aufgrund der gewählten Raumanordnung eine möglichst freie Lüftung vorsieht. Lediglich der höher technisierte Rathausaal wird mit Lüftungsgeräten ausgestattet. Die zentrale Technik befindet sich im UG Bereich, um die wesentlichen zu be- und entlüftenden Zonen einfach andienen zu können. Die Wärmeverteilung erfolgt flächendeckend über eine Fußbodenheizung (ggf. ergänzt durch Heizkörper). Für die Energieerzeugung wird ein Wärmepumpen- und Photovoltaik- basiertes Energieerzeugungskonzept gewählt. Als Wärmeerzeugung bzw. Quelle stehen neben der preiswerten Luft-Wärmepumpe auch Oberflächen-Geothermie oder (möglicherweise im Bereich des Parkplatzes) Erdkollektoren zur Verfügung. Durch den Einsatz des angestrebten Konzeptes wäre das Rathausquartier -zumindest bilanziell- weitgehend von fossiler Energie unabhängig und hätte damit für ein Gebäude dieser Nutzung sicherlich Vorbildcharakter
E) FREIANLAGEN
Der Freiraum des Rathausquartiers wird durch die Neubebauung geordnet. Er verbindet die unterschiedlichen Architekturbausteine, ergänzt sinnvoll die gebäudeinternen Nutzungen und bildet ein Forum für ein gesamtbürgerliches Miteinander.
Das Ankommen für Bürger, Touristen und Angestellte erfolgt auch künftig zum einem vom nördlichen Parkplatz und zum anderen von der Ostseeallee barrierefrei auf den erhöhten Rathausplatz. Dieser zentrale neue Platz bildet künftig einen offenen Zugang zum zentralen Eingangsbereich zwischen den Neu- und Altbauten.
Die Freifläche ist das zentrale Forum des gesamten Quartiers. Gerahmt von Gebäuden und den Baumreihen an der Ostseeallee und des Stadtwaldes ist es Begegnungsraum und Verteiler zugleich. Er bildet eine vielfältig nutzbare Fläche mit inselartigen Sitzpodesten z.T. um die einzelnen Bestandsgehölze. Der zentrale Teppich aus Ziegel, gerahmt von Grünflächen aus Gräsern und Sträuchern, bildet die Basis hierfür.