Wettbewerb "RathausQuartier"

2. Rundgang - aib-Bauplanung Nord Rostock

Erläuterungsbericht

Aufgabenstellung

Die Stadt Kühlungsborn beabsichtigt in den nächsten Jahren den bestehenden Verwaltungsstandort in der Ostseeallee zu einem modernen BürgerCampus zu entwickeln. Dieser Campus soll durch Modernisierung des Gebäudebestandes und notwendige Erweiterungsneubauten die Bündelung von Einrichtungen des Gemeinbedarfs an zentraler Stelle ermöglichen. Ziel ist die Verbesserung der Standortqualität des Quartiers und die Aufwertung des historischen Gebäudebestandes.

 

Entwurf allgemein

Mit dem vorliegenden Entwurf wurde das vorgegebene Raumprogramm mit einer klaren Trennung der benötigten Funktionen und den entsprechenden Flächenansätzen in jeweils separaten Gebäuden umgesetzt.

Die Eigenständigkeit und die Dominanz des unter Denkmalschutz stehenden Bestandes bilden hier den Rahmen für Gebäudeerweiterungen und den Neubau für die Verwaltung. Hier wurden sensibel die erforderlichen Baulichkeiten in das Gesamtgefüge des Campus eingeordnet. Die Anordnung der neuen Gebäude stärkt die Sichtachsen von der Ostseeallee in den südlich anschließenden Wald und schafft wichtige Verbindungen zum zentralen Aufenthaltsbereich des Campus und den Eingangsbereichen zu Bestands-bzw. Neubauten. Diese zeichnen sich durch die architektonische Gestaltung klar ab und alle Nutzungen können barrierefrei erschlossen werden. Zusätzliche Kommunikations- und Leitsysteme am Zugang zum Campusbereich machen die Orientierung, selbst für ortsunkundige Bürger, möglich.

Durch die verlegte Verkehrsführung an den östlichen Rand des Entwurfsgebiets, werden verkehrsfreie und hochwertige Aufenthaltsbereiche zwischen den Gebäuden geschaffen. Die Geschossigkeit wird in Abhängigkeit von der Umsetzung der Raumprogramme auf das unbedingt Nötigste reduziert. Die Fassaden der Neubauten und deren Materialien setzen sich sensibel vom Bestand ab und berücksichtigen dabei auch die Gestaltungssatzung.

 

Die Rathauserweiterung

Das bestehende Rathaus des Ostseebades Kühlungsborn wird aufgewertet und erweitert. Durch den ostseitigen Anbau entstehen ein barrierefreier Zugang, ein zweiter baulicher Rettungsweg und die Sanitärräume für Gäste und Mitarbeiter. Die Herausforderung besteht in der Integration des Anbaus in den Bestand, insbesondere in Bezug auf die Höhenunterschiede. Er erstreckt sich vom Souterrain bis zum Dachgeschoss. Im Untergeschoss des Anbaus führt ein direkter Zugang in die Tiefgarage.

Aufgrund der erforderlichen Gebäudehöhe wird der Anbau bewusst durch die Fassadengestaltung vom Bestand abgesetzt. Die Geschossigkeit des Bestandes ist durch eine Putzstrukturen und die Fensteraufteilung am Anbau klar erkennbar.

Eine vertikal angeordnete Fensterfront löst die östliche Fassadenseite auf, während eine transparente Glasfassade den geschlossenen Baukörper mit dem Aufzug verbindet. Die filigrane Dachkonstruktion des „Glasverbinders“ nimmt die Dachschräge des Bestands auf, um den Eingriff in die vorhandene Konstruktion zu minimieren. Im Erdgeschoss des Anbaus befindet sich ein repräsentativer Empfangsbereich, der als Verteiler zu den Funktionen der Gemeindeverwaltung dient. Der Empfangsbereich ist klar gestaltet und dank seiner Positionierung sowohl von der Ostseeallee als auch vom Verwaltungsneubau aus als zentrale Anlaufstelle erkennbar. Die umlaufende Glasfassade macht den Empfang einladend und von allen Seiten einsehbar

 

Der Verwaltungsneubau

Der erforderliche Verwaltungsneubau wird als separater und schlichter Baukörper entlang der „Villa Laetitia“ geplant. Die Einordnung der geforderten Funktionen und die Berücksichtigung der denkmalgeschützten Gebäudefluchten erfordern für den Verwaltungsneubau drei Geschosse. Um die Erscheinung der Höhe des Gebäudes zu reduzieren, wird die Fassade im zweiten Obergeschoss auf Brüstungshöhe in einem Winkel von ca. 69° „abgeknickt“. Ähnlich einem Mansarddach wird die Traufe dadurch optisch unter die der Villa Laetita gezogen. Die Fensterfluchten der darunterliegenden Geschosse werden in den Dachgauben aufgenommen. Eine große Loggia im zweiten Obergeschoss öffnet die Fassade und bietet den Mitarbeitern der Verwaltung in Pausenzeiten einen hochwertigen Aufenthaltsbereich mit Blick ins Quartier. Die Raumgestaltung ermöglicht Flexibilität und die Bildung von Teambüros.  Im Erdgeschoss des Verwaltungsneubaus befindet sich ein Foyer, das mit dem des Rathauses korrespondiert und gleichzeitig als Vorraum für den Sitzungssaal dient. Als Ergänzung zur geplanten Tiefgarage verbindet ein unterirdischer Gang das Rathaus und den Verwaltungsneubau. Durch Aufzüge ist eine barrierefreie Erschließung aus der Tiefgarage sowohl im neuen Anbau des Rathauses als auch im Verwaltungsneubau und in der Bibliothek möglich. Die Nutzung der Tiefgarage ist sowohl öffentlich als auch nur für Mitarbeiter vorstellbar.

 

Sanierung Haus Rolle und Erweiterung mit Bibliothek und Ratssaal

Nach der Sanierung, der energetischen, denkmalgerechten Aufwertung und geringfügigen Umbaumaßnahmen im Haus Rolle dient das Gebäude zusammen mit dem neuen südseitigen Anbau mit Ratssaal, Bibliothek und Kino, als „konzentrierter kultureller Anlaufpunkt in der Stadt“.

Der verglaste Eingangsbereich des neuen Gebäudes spiegelt die Gestaltung der Eingänge der anderen Gebäude wider. Im Erdgeschoss werden Besucher in einem großzügigen Foyer begrüßt. Hier befindet sich ebenfalls die Garderobe und das Lesecafé. Hinter einer weiteren Glaswand ist der Übergang zum teilbaren Ratssaal. Dieser offene, helle Raume ist nicht nur flexibel, sondern bei Bedarf auch unabhängig von den Öffnungszeiten der Stadtbibliothek nutzbar, da er über eigene Eingänge verfügt. Die Sanitärräume und das Treppenhaus sind für alle Nutzungsgruppen gleichermaßen zugänglich. Über eine Sitztreppe gelangt man ins Obergeschoss, wo sich neben der klassischen Bibliothek auch eine Mediathek und ein Kino befinden. Auch hier befindet sich wieder eine Dachterrasse, die es den Besuchern ermöglicht ihre Lektüre in der Sonne zu genießen.

Durch seine L-Form bildet der Anbau zusammen mit dem Verwaltungsgebäude den neuen Rathausplatz

Die helle Klinker- und Lochfassade des erdgeschossigen Ratssaals nimmt Bezug auf die Gestaltung des Hauses Rolle.

 

Freianlagen und ruhender Verkehr

Die kleinteiligen Beete mit saisonal wechselnder Bepflanzung in  den Vorgartenbereichen zur Ostseeallee sind schon immer einen Blickfang am Haupteingang des Rathauses und bilden einen einladenden Auftakt ins Quartier. Attraktive Gräser- und Staudenbänder in harmonischen Farbkombinationen aus blauen, weißen und gelben Blüten sowie silbrigem Laub leiten die Besucher zwischen Haus Rolle und Haus Laetitia zum Aufenthaltsbereich des neuen Rathausplatzes.

Ein Brunnen im Kreuzungsbereich der Wege schafft einen Raum zum Treffen und Verweilen. Die Brunnenfläche ist als multifunktionales Element geplant und kann wahlweise auch als Bühne, oder Aufstellungsplatz  für  z.B. temporäre Kunstinstallationen oder einen besonderen Weihnachtsbaum genutzt werden. Somit ist die Fläche vor allem als Erweiterung für das kulturelle Angebote des Ostseebads zu sehen und verbindet die Gebäudenutzung mit dem Freiraum. Umsäumt wird die Fläche mit mobilen und festen Sitzmöglichkeiten.

Kleinkronige Bäume bieten Schatten und unterstützen die Verbindung zur umgebenden Architektur.

In Granitpflaster eingelegte Plattenbänder bilden eine abwechslungsreiche und dennoch in sich ruhige Oberfläche und verknüpfen Wege- und Platzflächen barrierefrei mit den Gebäuden.

Eine separate Zufahrt führt östlich von Haus Rolle zum Parkplatz und zur Tiefgarage mit je 60 Parkplätzen. Die Parkplätze hinter dem neuen Verwaltungsgebäude sind als temporäre Stellplätze für die Kita-Eltern vorgesehen. Die Parkmöglichkeiten am Ratssaal sind für E-Ladungen reserviert. Temporäres Halten für Lieferanten oder Müllabfuhr ist auf der Rangierfläche der Zufahrt möglich.

An allen Quartierszugängen finden sich Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. Zusätzlich sind in der Tiefgarage 35 geschützte Fahrradstellplätze vorgehalten.

 

Nachhaltigkeit durch das Bauen mit wärmedämmenden Hochlochziegeln

Der Ziegel, ein Baumaterial, das seit Jahrtausenden aus den Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde entsteht, überzeugt bis heute durch seine herausragenden Eigenschaften. Wenn der Ziegel zudem mit Perliten gefüllt ist, entsteht ein reines Naturprodukt, das nach seiner Nutzung vollständig zurückgebaut und recycelt werden kann. Das Material steht für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen, einen geringen Energieverbrauch und langfristige Kosteneinsparungen.

Die mineralische Perlitedämmung in den Hohlkammern des Ziegels ist ein natürlich vorkommendes, gemahlenes Vulkangestein, dem das Wasser entzogen wird. Der Dämmstoff ist wasserabweisend, resistent gegen Ungezieferbefall, temperaturbeständig von -250 bis +800 Grad Celsius, äußerst langlebig und nach dem Ende seiner Nutzung leicht wiederverwendbar. Die mit Perliten gefüllten Ziegel übertreffen die aktuellen Wärmeschutzanforderungen, wodurch eine zusätzliche Dämmung an der Außenwand nicht erforderlich ist. Der Ziegel ist nicht nur die richtige Wahl für Neubauten, sondern auch als Innendämmung bei Sanierungsprojekten. Somit ist dieser nachhaltige Baustoff sowohl für Neubauten als auch für die Sanierung des Haus Rolle die ideale Lösung.

 

Das Energiekonzept

Ein umfassendes Energiekonzept ist für den neuen Campus unerlässlich. Favorisiert wird durch die küstennahe Lage eine Geothermieanlage mit Unterstützung durch dach- und fassadenintegrierte und in die Neubaudächer integrierte PV- bzw. Solaranlagen. (Die Nutzung der Sonnenenergie für die Warmwasserbereitung bei öffentlichen Gebäuden eher untergeordnet.) Je nach Gesamtsystem ist eine Eisspeichernutzung denkbar.

Vor Auslegung muss das geothermische Potential des Standortes untersucht werden. Dazu werden z.B. verschiedene geothermische Quellensysteme geprüft und hinsichtlich der Effektivität und der Wirtschaftlichkeit gegeneinander abgewogen. Denkbar sind ein Horizontalbrunnensystem, Erdwärmekollektoren oder Spiralwärmetauscher – alles natürlich mit Berücksichtigung z.B. der Küstenschutzvorgaben und des Wasserhaushaltsgesetzes.

Durch die Nutzung der Geothermie können Auslegungsleistungen von Gas- Brennwert- Kesseln und von Kälteanlagen reduziert werden. Je nach Ergebnis der o.g. Untersuchungen kann bei einer monovalenten Auslegung der Geothermieanlage vollständig auf einen zusätzlichen Wärme-, Kälteerzeuger verzichtet werden.

Es ist geplant, neben dem regulären Strombedarf der Gebäude auch die E-Ladestationen der PKWs und Fahrräder mit Unterstützung der erneuerbaren Energiequellen zu versorgen.